Monsignore Felix Krajewski, Pfarrer in Reichweite
Als die evangelische Gemeinde am 6. November 2011 das 75-jährige Bestehen ihrer Kirche am Zeltinger Platz feierte, gab es nach dem Festgottesdienst einen Empfang im Gemeindesaal. Einer der Gäste, die bei dieser Gelegenheit kurze Ansprachen hielten, war Olaf Litwiakow als Vertreter der katholischen Gemeinde St. Hildegard. Er würdigte die außergewöhnlich enge und dauerhafte Zusammenarbeit der beiden Frohnauer christlichen Gemeinden und zitierte aus einem Brief, mit dem der evangelische Pfarrer Hermann Tönjes 1936 seinen katholischen Amtsbruder Felix Krajewski zur Kirchweih eingeladen hatte.
Das Jahr 1936 war auch für Felix Krajewski ein besonderes. Als in Frohnau bekannt wurde, dass das ursprüngliche Gotteshaus der evangelischen Gemeinde in der Senheimer Straße frei werden würde, taten sich sechs Mitglieder der katholischen Gemeinde zu einem „Katholikenausschuss” zusammen, der dann nach Mitteln und Wegen suchte, das damals meist „Notkirche” genannte Gebäude zu erwerben. Ziel war es, eine Frohnauer Gemeinde zu gründen, denn eine solche gab es noch nicht. Vielmehr nahm man zusammen mit den Katholiken aus Glienicke, Stolpe und Schönfließ zunächst im Dominikus-Stift an den heiligen Messen teil und ab 1934 an denen in der neuen Kirche Maria Gnaden am Hermsdorfer Damm.
Die sechs Herren waren erfolgreich. Am 23. Juni 1936 ging nach Verhandlungen mit dem evangelischen Gemeindekirchenrat und dem Generalvikar Dr. Steinmann das Gebäude in der Senheimer Straße 35 durch einen notariellen Kaufvertrag an den Gesamtverband der katholischen Kirchengemeinden über. Am gleichen Tage, an dem die evangelische Gemeinde ihr neues Gotteshaus einweihte, also am 1. November 1936, wurde Felix Krajewski Kuratus für die neue Frohnauer Gemeinde. Seinen ersten Gottesdienst in der Senheimer Straße hielt er am 31. Januar 1937. Im Februar desselben Jahres bestätigte das Bischöfliche Ordinariat Berlin seinen Antrag, Kirche und Gemeinde unter das Patronat der Hl. Hildegard von Bingen zu stellen. Selbständige Pfarrei wurde die Frohnauer Gemeinde mit Wirkung vom 2. Mai 1941, und knapp zwei Monate später, am Fest Peter und Paul (29. Juni), wurde Krajewski vom Hermsdorfer Erzpriester Kaiser in die neue Pfarrei eingeführt.
Felix Krajewski kam aus Neunkirchen im Saarland, wo er am 17. Januar 1900 geboren wurde. Noch während seiner Gymnasialzeit leistete er im 1. Weltkrieg Militärdienst. Nach seinem Abitur, das er 1919 ablegte, studierte er Theologie in Trier und wurde dort am 12. August 1923 zum Priester geweiht. Als Kaplan diente er vorwiegend im Saarland und in Rheinland-Pfalz. Mit 32 Jahren zog er nach Berlin, wo er zunächst weiterhin als Kaplan wirkte. Bevor er nach Frohnau kam, hatte er eine Stelle als Lokalkaplan an der St. Elisabeth-Kapelle in Hakenfelde inne. Während seiner Dienstzeit in der Gemeinde St. Hildegard in Frohnau erhielt er 1963 den Ehrentitel „Geistlicher Rat” und 1972 den Titel „Päpstlicher Ehrenkaplan”, der die Anrede „Monsignore” einschloss. Mit fast 76 Jahren wurde er seinem Wunsch entsprechend vom Dienst an St. Hildegard entpflichtet. Gestorben ist er, der große Verehrer der Gottesmutter, am 15. August 1989, dem Fest der Aufnahme Mariens in den Himmel („Mariä Himmelfahrt”). Sein Grab befindet sich auf dem Friedhof in der Hainbuchenstraße.
Felix Krajewski bekam die Herrschaft der NSDAP mehr als deutlich zu spüren. Schon vor dem 2. Weltkrieg hatte er sich den Befehlen der Staatsmacht so gut es ging widersetzt. Als es den Geistlichen 1938 verboten wurde, Kindern an ihren Schulen Religionsunterricht zu erteilen, stellte er – auf bischöfliche Weisung – kircheneigene Räume zur Verfügung und erreichte es, dass etwa 80 Prozent der Frohnauer katholischen Jugend an den extra für sie eingerichteten Seelsorgestunden teilnahmen. Noch deutlicher bewegte sich der Pfarrer in der „Gefahrenzone”, wie es in seiner Broschüre zum zwanzigjährigen Bestehen von St. Hildegard heißt, als er sich der Katholiken unter den „Fremdarbeitern” (Zwangsarbeitern) annahm, die in dem Lager auf dem Stolper Feld untergebracht waren. Sie kamen in großer Zahl zu den Messen in St. Hildegard. Es heißt sogar, Felix Krajewski habe sie im Lager besucht.
Als die Gemeinde im Jahre 1987 ihr 50-jähriges Bestehen feierte, war Felix Krajewski bereits zwölf Jahre im Ruhestand. Doch er blieb auch im hohen Alter unermüdlich. Das „Pfr. i. R.”, das er hinter seinen Namen schrieb, interpretierte er als „Pfarrer in Reichweite". Nicht nur, dass er dem neuen Pfarrer der Gemeinde, Dieter Höfig, z. B. durch die Urlaubsvertretung zur Seite stand und regelmäßig Heilige Messen feierte, er blieb auch lange wohlwollender Ansprechpartner für Gemeindeglieder, die geistlichen Beistand suchten.
Und trotz seines hohen Alters trug er als Pfr. i. R. mehrere Texte zur Festschrift bei. Sein Artikel „Aus der Werkstatt der Kindergottesdienste in St. Hildegard” zeigt, wie sehr ihm die Arbeit mit Kindern am Herzen lag. Er schildert dort seinen pädagogischen Ansatz, den man in der Schule als „fragend-entwickelnden Unterricht” bezeichnen würde. Als junger Kaplan habe er sich zu sehr im Reich der scholastischen Philosophie und Theologie bewegt. Doch als ihm die Kinder im Kindergottesdienst „entglitten”, wie er schreibt, habe er beschlossen, „bei den Kindern selbst in die Schule” zu gehen. Er passte seine Predigten der kindlichen Denkweise an, ließ sie zeichnen und ihre Zeichnungen interpretieren und versuchte, sie ihren eigenen Weg zu neuen Erkenntnissen finden zu lassen. Zu seinem 60-jährigen Priesterjubiläum veröffentlichte das „Petrusblatt” einen Artikel unter der Überschrift: „Ein großes Herz für Kinder”.
Offiziell wirkte Monsignore Felix Krajewski gut 38 Jahre als Pfarrer in „seiner” Gemeinde St. Hildegard. Inoffiziell waren es noch eine ganze Reihe mehr. So lange hat es keiner der evangelischen Pfarrer in Frohnau geschafft. Am längsten diente die Pfarrerin Dr. Margarete Stirm; sie brachte es immerhin auf 32 Jahre. Übrigens schrieb sie das Grußwort der evangelischen Gemeinde in Frohnau für die Festschrift. Und was die Gemeinde St. Hildegard betrifft, so hat sie seit der Emeritierung von Felix Krajewski immerhin schon den vierten Pfarrer. So bleibt der Monsignore nicht nur in menschlicher sondern auch in chronologischer Hinsicht die Persönlichkeit, die das Gemeindeleben von St. Hildegard am stärksten geprägt hat.