Das Stolper Feld

Keiner benutzt das Stolper Feld so intensiv wie die Frohnauer, besonders wenn an Feiertagen die Sonne scheint. Dann drängeln sich Spaziergänger, Radfahrer, Jogger und Skater auf der ehemaligen „Vopopiste“, dem asphaltierten Grenzweg, und nicht selten gibt es richtige Staus, die sich allerdings meist schnell wieder auflösen. Seit das Feld wieder jedem Sterblichen zugänglich ist, haben die Frohnauer es als ihr Ausflugsgebiet in Beschlag gelegt.

Während der Mauerzeit ging man durch die Straßen, durch den Wald im Nordosten und nicht zuletzt auf dem S-Bahn-Damm spazieren, wo ja seit dem 13. August 1961 keine Züge mehr verkehrten. Hier war es natürlich besonders eng, obwohl Gleise und Schotter großenteils entfernt worden waren und nur noch eins der beiden ehemaligen Fernbahngleise in üppigem Grün vor sich hin rostete. Wie von einer Strand­promenade blickte man nach links hinab auf das „Rote Meer“, den Grenzzaun und den Wachtturm, lief bis zu der Stelle, wo der Bahndamm an der Grenze zu Hohen Neuendorf durchbrochen war, und kehrte zurück zur Unterführung an der Schönfließer Straße, wo man über eine extra für die Spaziergänger eingerichtete Treppe wieder hinunter auf Straßenniveau gelangte.

Inzwischen spaziert man nicht nur auf dem ehemaligen Grenzweg, dem Pechpfuhlweg, dem Tegeler Weg und dem Weidenweg, sondern kreuz und quer über das Brachland. Im Nordwesten werden die Ausflügler durch die Zäune des großen Golfplatzes gebremst, aber auf dem Rest des Feldes entstanden im Laufe der Zeit immer mehr Trampelpfade – zuweilen sogar auf bebautem Land –, auf denen viele Herrchen und Frauchen ihren bellenden Lieblingen freien Lauf lassen. Manchmal geraten sie mit Joggern aneinander, wenn sich denen die Hündchen kläffend in den Weg stellen. Sprüche wie „Der tut nichts“ oder „Der will bloß spielen“ tragen nicht immer zur Beruhigung leidgeprüfter Sportler bei.

Der Eigentümer des Feldes hat zwar etwas gegen freilaufende Hunde, aber erstens will man denen nicht den Spaß verderben und zweitens sind seine Schilder ziemlich versteckt oder seit einiger Zeit gar verschwunden. So ist es nicht verwunderlich, dass man manchmal ganzen Rudeln von leinenlosen Hunden mit ihren Herrchen und Frauchen begegnet.

Die meisten Hunde haben immerhin so viel Respekt vor den Zweibeinern, dass sie sie weitgehend unbehelligt lassen und ihrer Meinung höchstens bellend oder knurrend Ausdruck verleihen. Schlechter sind da die übrigen Vierbeiner dran, besonders die nicht zu ihrer Spezies gehörenden, wie zum Beispiel die Hasen und die Rehe, die das Speiseangebot des Stolper Feldes nutzen wollen. Manchmal muss Meister Lampe seine ganze Kunst des Hakenschlagens aufbieten, um den etwas rauen Kommunikationsmethoden der kleinen Raubtiere zu entgehen, ein andermal müssen die Rehe den haarigen Jägern beweisen, dass sie die Schnelleren sind.

Wer offenen Ohres übers Feld geht, hört glücklicherweise weniger das Bellen der Hunde, als vielmehr – zumindest in der wärmeren Jahreszeit – das Jubilieren und Tirilieren vieler gefiederten Sänger. Sie singen in den Sträuchern und Bäumen, aber die Lerchen unter ihnen bevorzugen das flache Feld und steigen immer wieder einmal laut jubelnd in die Höhe. Ob die sich über jagdlustige Vierbeiner freuen? Wenn sich Enten aufs Feld begeben, statt auf ihren Teichen zu bleiben, sind sie natürlich selbst Schuld an eventuellen Begegnungen mit tollenden Kläffern.

Auch Angehörige einer weiteren vierbeinigen Spezies betreten des öfteren unter menschlicher Anleitung das Stolper Feld, obwohl sie dort nicht gern gesehen werden, was durch entsprechende Schilder am Eingang zum Feld kundgetan wird. Es sind die freundlichen Bewohner der Pferdehöfe in Frohnau und Stolpe, die schließlich nicht dauernd friedlich grasen oder an der Longe im Kreise laufen können. Leider hinterlassen sie bisweilen das, was früher eifrige Kleingärtner in Blecheimern sammelten, oder aber ihre Hufe zerwühlen den sandigen Boden der Feldwege.

Doch das sind alles nur Anmerkungen eines Kritikasters, die man nicht allzu ernst nehmen darf.