Julius Rumland, ein Frohnauer aus Kunersdorf
Was ist an Kunersdorf so besonders, dass es in der Überschrift erwähnt wird? Nun, Kunersdorf ist nicht irgendein Dorf. Jedenfalls nicht das Kunersdorf im ehemaligen Kreis Weststernberg. Die übrigen Orte und Ortsteile mit Namen Kunersdorf stehen hier nicht zur Debatte. Man findet sie zum Beispiel bei Cottbus und im Barnim. Aber auch jenseits der Oder im Landkreis Crossen und im Landkreis Grünberg. Letztere tragen heute allerdings polnische Namen.
Bei Kunersdorf, Kreis Weststernberg, fand die berühmte Schlacht statt, bei der Friedrich II. am 12. August 1759 seine größte Niederlage im Siebenjährigen Krieg (1756-1763) einstecken musste. Zum Glück für die Preußen blieb der Sieg der Russen und der Österreicher für den Großen Fritz folgenlos. Die Schlacht bei Kunersdorf ist im Übrigen eine der kriegerischen Auseinandersetzungen des Siebenjährigen Krieges, an die auf den Supraporten in der Invalidensiedlung erinnert wird.
Und eben aus diesem Kunersdorf, das heute Kunowice heißt, kam Julius Rumland. Er wurde dort am 4. Januar 1871 als zehntes Kind einer Bauernfamilie geboren. Dort hielt es ihn aber nicht auf Dauer. Er ging nach Berlin und studierte an der Königlich Technischen Hochschule Ingenieurwissenschaften. Am 10. Oktober 1899 heiratete er Octavia Stachelhaus vor dem Standesamt am Weddinger Gartenplatz. Zur Zeit des Kaiserreiches diente er als Offizier bei der Landwehr. Als Ingenieur fand er eine Stelle bei der AEG in Henningsdorf, wo er es bis zum Oberingenieur brachte. Da er sich mit der Erarbeitung und Kontrolle von Patentanmeldungen beschäftigte, wird er in der Literatur meist Patentingenieur genannt.
In Frohnau ist er als erster Siedler und Besitzer eines vom Architekten Paul Poser entworfenen Hauses bekannt. Seinen Kaufvertrag schloss er bereits am 20. August 1909 mit der Berliner Terrain-Centrale (B.T.C.) ab, also mit der Immobiliengesellschaft des Fürsten Donnersmarck. Sein Grundstück in der Zeltinger Straße 31 (anfangs Straße 72, dann Veltheimpromenade 57) wurde später als die Nummer 1 auf der Seite 1 des Frohnauer Grundbuchs eingetragen. Das Grundbuch existierte anfangs noch nicht, sondern wurde erst nach der Eingemeindung der Gartenstadt nach Berlin angelegt.
Als die Frohnauer Nummer 1 erlangte Julius Rumland einige Berühmtheit, so dass ihm in der Festschrift zum 75-jährigen Geburtstag Frohnaus (Gartenstadt Frohnau, Frohnauer Bürger erforschen ihren Ortsteil von der Gründung bis heute, Haude & Spener, 1985) ein ganzes Kapitel gewidmet wurde. Hier ist zum Beispiel zu lesen, dass Rumland mit Frau Octavia und Tochter Hildegard am 23. März 1910 in das Landhaus einzog. Das war also noch vor der am 7. Mai erfolgten Gründung der Gartenstadt. Außerdem ist in der Festschrift zu lesen, dass Rumland mit dem noch feuchten Neubau einigen Ärger hatte. Ein Jahr und einen Tag nach der Gründung Frohnaus, also am 8. Mai 1911, schrieb er einen Beschwerdebrief an die B.T.C. und forderte unter Hinweis auf die zweijährige Garantie die Beseitigung von neun Mängeln, die er nach Art eines akribischen Ingenieurs fein säuberlich aufgezählt hatte. Die Mängel reichten vom Dach über den Putz und die Zimmer bis zur Klingelanlage.
Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass Rumland inzwischen Mitglied des Frohnauer Grundbesitzer-Vereins geworden war, der sich bekanntermaßen als Gegenpol zu der ziemlich selbstherrlich agierenden B.T.C. verstand. In diesem Verein war der Patentingenieur von Anfang an aktiv. Als sich am 6. Februar des Jahres 1911 Frohnauer Bürger zusammenfanden, um einen Grundbesitzer-Verein zu gründen, wurde der provisorische Vorstand (die Herren Schneider, Behrendt und zu Klampen) mit der Ausarbeitung der Statuten beauftragt, die er auf der nächsten Sitzung am 27. Februar vorlegen sollte.
An diesem Tage kam es aber nicht zur Beratung, weil noch weitere Wünsche berücksichtigt werden sollten. Daraufhin setzte man eine erweiterte Kommission ein, zu der auch Julius Rumland gehörte. Man erwartete von der Kommission laut Bericht der „Hermsdorf-Waidmannsluster und Frohnauer Zeitung“ vom 28. Februar 1911 „eine ziemlich abgeklärte Arbeit“. Der Entwurf sollte entsprechend dem Vorschlag des Patentingenieurs vervielfältigt und den Frohnauern zusammen mit der Einladung zur nächsten Sitzung zugestellt werden. Er erklärte sich sogar bereit, die Abzüge herzustellen. Auf diese Weise hoffte man, mit den Gründungsvorbereitungen zügig voranzukommen.
Die nächste Sitzung fand am 27. März statt. Dank der Vorarbeit der erweiterten Statuten-Kommission und besonders Julius Rumlands wurden die 18 Paragraphen der Statuten, also der Satzung, „einstimmig im ganzen angenommen“ (HWFZ, 28. 3. 1911). Daraufhin konnten die Vereinsmitglieder daran gehen, den Vorstand zu wählen. Es gab einen Vorsitzenden (Schneider), dessen Stellvertreter (Simon), einen Schriftführer (zu Klampen), dessen Stellvertreter (Hallwachs) und nicht zuletzt einen Kassierer, nämlich Julius Rumland. Hallwachs und Rumland waren fast Nachbarn; nur ein Grundstück lag dazwischen, was ihrer Freundschaft jedoch keinen Abbruch tat.
Noch eine Episode soll hier berichtet werden. Liest man Aufsätze über das „Haus Rumland“, so vergessen die Berichterstatter kaum jemals zu erwähnen, dass in ihm Teile eines Stummfilms gedreht wurden, der den Titel „Gretchen Wendland“ trug. Dass außer in Oberbayern ausgerechnet auch in Frohnau gedreht wurde, sei dem Stallmeister Harry Mahnke zu verdanken, heißt es in der erwähnten Jubiläumsschrift. Das Buch zum Film stammte von der seinerzeit sehr berühmten Schauspielerin Henny Porten (1890-1960), die auch die Hauptrolle spielte. Regisseur war Curt A. Stark, Portens erster Ehemann, der schon 1916 im Ersten Weltkrieg fiel.
Und was gibt es noch über den rührigen Oberingenieur zu erzählen? Sein Arbeitgeber war, wie gesagt, die AEG, und zwar das Hennigsdorfer Werk der Firma. Seinen Weg zur Arbeit legte Rumland stets zu Fuß zurück, und das bei einer Entfernung von gut sechs Kilometern Luftlinie. Dazu musste man sicher über eine robuste Gesundheit verfügen. Doch am 6. Februar 1942, mitten im Zweiten Weltkrieg, starb Julius Rumland im Alter von 71 Jahren an Bauchwassersucht. Bestattet wurde er auf dem Städtischen Friedhof in der Hainbuchenstraße. Sein Grabstein auf dem Familiengrab musste inzwischen anderen Steinen weichen. Heute wird er von seinen Nachkommen im Garten des „Hauses Rumland“ aufbewahrt.