Festgottesdienst 75 Jahre Johanneskirche Frohnau
Am 6. November 2011 feierte die Frohnauer evangelische Gemeinde das 75-jährige Bestehen ihres Gotteshauses am Zeltinger Platz. Wenn man bedenkt, dass der ursprüngliche Standort der Kirche auf dem Eckgrundstück Edelhofdamm und Enkircher Straße beziehungsweise in der Markgrafenstraße sein sollte, so nimmt es nicht wunder, dass in der Predigt und den Grußworten die zentrale Lage des tatsächlich ausgeführten Baus hervorgehoben wurde. So können wir, wie es die Frohnauer Pfarrerin Doris Gräb auch in der Festschrift zum Ausdruck brachte, dafür dankbar sein, „dass die Johanneskirche damals nicht nur in räumlichem Sinne in das Zentrum Frohnaus gebaut wurde, sondern auch nach 75 Jahren noch die Mitte und ein Anziehungspunkt für viele Frohnauer geblieben ist.“
Die Gottesdienstordnung an diesem besonderen Tag folgte weitgehend der Festfolge vom 1. November 1936, also dem Tage der Kirchweih. Damals hatte die Gemeinde mit einem kurzen Gottesdienst von der ersten Frohnauer Johanneskirche (der sogenannten Notkirche) in der Lichtensteinallee (Senheimer Straße) Abschied genommen und hatte sich „in geschlossenem Zuge“ zum Cecilienplatz (Zeltinger Platz) zum neuen Gotteshaus begeben – so das in der Festschrift abgedruckte damalige Programm. Diesmal erwartete die Festgemeinde in der Kirche stehend die Geistlichkeit und die Honoratioren, die wie damals zu dem von den Bläsern vorgetragenen Kirchenlied „Alles, was Odem hat, lobe den Herrn“ einzogen.
Auch Chor und Gemeinde folgten zumindest in Teilen dem historischen Vorbild. Von der Empore erklangen das von Heinrich Schütz vertonte Psalmenlied „Mein Seel soll loben Gott den Herrn“ und der Chorsatz „Wir danken dir, Gott, und verkünden deine Wunder“ aus der Bach-Kantate Nr. 29. Und da der Festgottesdienst damals wie heute die Feier des Reformationstages war, sang die Gemeinde mit Bläser- und Orgelbegleitung das Luther-Lied „Ein feste Burg ist unser Gott.“ Chor, Bläser und Gemeinde beendeten – ebenfalls nach historischem Vorbild – den Festgottesdienst mit dem Lied „Nun danket alle Gott.“
Der Predigt zugrunde lagen Verse aus Paulus’ erstem Brief an die Korinther (Kapitel 3). Die zentrale Aussage, auf die auch die Grundsteinlegungsurkunde Bezug nimmt, steht im 11. Vers: „Einen anderen Grund kann niemand legen, außer dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus.“ Nach einem kurzen Rückblick auf die Zeit des Kirchbaus, als der Nationalsozialismus auch die Kirche zu korrumpieren suchte, wies Pfarrerin Graeb darauf hin, dass wir eigentlich nicht das Bauwerk feierten. Vielmehr feierten wir die Gemeinde, deren Glieder Gottes Bau seien. Mit Verweis auf Paulus ermahnte sie die Anwesenden: „Ein jeder aber sehe zu, wie er auf dem Grund baut.“ Und sie schloss mit den Worten: „Gott geb´s, dass in diesem Haus, in dieser Gemeinde weiter gebaut werden kann, Ihm zur Ehre, und zum Wohle vieler in der Nähe und in der Ferne.“
Ein besonderes Thema, das sich durch die Liturgie und die Predigt zog, war das Schuldbekenntnis, dass auch die Frohnauer Gemeinde in der NS-Zeit weggeschaut hat. Es wird sogar erzählt, dass der Baukredit für die Kirche davon abhängig gemacht worden sei, dass Hans Lesser, der als Jude geborene Christ und Leiter eines Bibelkreises, aus der kirchlichen Gemeindevertretung ausscheide. Doris Graeb wies nachdrücklich darauf hin, dass viele Frohnauer – wie der Gedenkstein vor der Kirche mahnt – verfolgt, vertrieben und ermordet worden seien. Auch in diesem Jahr werde mit einer Feier und einem Konzert der zu Grunde gerichteten jüdischen Nachbarn gedacht.
Wie vor 75 Jahren zog die Gemeinde nach dem Gottesdienst in den Gemeindesaal. Allerdings wurden die Gäste nicht wie damals mit Hühnerfrikassee bewirtet, sondern mit Getränken und Snacks. Jetzt war die Gelegenheit für vier kurze Ansprachen, die von Darbietungen des Bläserchors umrahmt wurden. Der Vorsitzende des Gemeindekirchenrates Dr. Erich Fellmann stellte die Ehrengäste vor, darunter die Tochter eines der Architekten der Johanneskirche, und zitierte den vollständigen Text der Urkunde über die Grundsteinlegung des Gotteshauses. Er erwarte noch eine lange Zukunft für die Kirche, „wenn eine großartige Gemeinde sie trägt.“
Olaf Litwiakow vom Kirchenvorstand der katholischen Kirche St. Hildegard würdigte die außergewöhnlich enge und dauerhafte Zusammenarbeit der beiden Frohnauer christlichen Gemeinden und zitierte aus einem Brief, mit dem der evangelische Pfarrer Hermann Tönjes 1936 seinen katholischen Amtsbruder Felix Krajewski zur Kirchweih eingeladen hatte. Dr. Traugott Vogel, dessen Frau Renate Vogel lange Zeit Pfarrerin in Stolpe war, erinnerte daran, dass das kleine Dorf im Norden von Frohnau einst die Mutttergemeinde der Frohnauer evangelischen Christen beherbergte. Er gab den Frohnauern das Motto auf den Weg, das auf der zweitältesten Stolper Kirchenglocke zu lesen ist: „Mit Freuden hindurch“. Dieser Spruch sei umso bemerkenswerter, als die Glocke 1651 gegossen worden sei, also drei Jahre nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges.
Last not least kam der Reinickendorfer stellvertretende Bürgermeister Andreas Höhne zu Worte. Er übermittelte die Grüße des Bezirksamtes und zeigte sich besonders angetan davon, dass man den Gottesdienst nach dem Vorbild der Kirchweihfeier gestaltet habe. Er sei seit 24 Jahren ein Glied der Frohnauer evangelischen Gemeinde und wie die Pfarrerin dankbar dafür, dass die Johanneskirche ein Teil des Frohnauer Zentrums sei und auch im übertragenen Sinne zur Mitte der Gartenstadt gehöre. Er schloss mit dem Wunsch, dass das auch in Zukunft so sein möge.